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Eine Vielzahl der unterschiedlichsten sozialen und kulturellen Problemlagen und Entwicklungen in Deutschland und Europa lässt sich im Kontext des Verhältnisses von Stadt und Land verstehen und mitunter auch auf ihre verschiedenen Wechselwirkungen, die sich historisch jeweils immer wieder neu austarieren, zurückführen. Im zweiten Teil des kultur- und literaturgeschichtlichen Seminars werden wir die Entwicklung dieses Verhältnisses von der nationalsozialistischen Ideologisierung bis hin zur jüngsten ‚Wiederentdeckung‘ des Landlebens in der Gegenwart (bezeichnet als Neue Ländlichkeit) verfolgen; wobei wir zugleich auch einen Blick auf die ‚Vorgeschichte‘ dieses Verhältnisses in der anbrechenden Moderne und insbesondere in den 1920er Jahren richten werden. Dabei beschäftigen wir uns mit verschiedenen Genres des literarischen Erzählens von und zwischen Stadt und Land (Feuilletons und Essays, Großstadtromane und Großstadtlyrik, Dorfgeschichten und Anti-Heimatromane, Zukunftsromane), aber auch mit Filmen, Serien, Bildern, Fotografien, Zeitschriften und philosophischen Texten. Wir schlagen dabei einen Bogen von zentralen Texten zur modernen Großstadt aus der Feder von Georg Simmel, Walter Benjamin und Franz Hessel über Apologien und Kritiken des Landlebens aus der Feder von u.a. Martin Heidegger und Thomas Bernhard bis hin zu Neuaneignungen in der Gegenwart von u.a. Alina Herbing und Juli Zeh.
Dabei wird sich zeigen, inwieweit zentrale philosophische, kulturelle und alltagsweltliche Konzepte (bspw.: Gemeinschaft und Gesellschaft, Natur und Kultur, Tradition und Moderne, Herkunft und Heimat) mit den Verhältnissen von Stadt und Land verbunden sind und in sie eingeschrieben wurden – und wie sie sich im Laufe der Zeit ändern. Es wird dabei u.a. um folgende Themen gehen: den „Schock der Moderne“ sowie neu entstehenden großstädtische Lebenswelten und -formen, die nationalsozialistische Blut-und-Boden-Ideologie sowie Phantasien einer ‚Welthauptstadt Germania‘, die sozialistische Aufbau-Literatur sowie (post)sozialistische Planstädte, Aufarbeitungen von Vergangenheit sowie Auseinandersetzungen mit Zukünften (u.a. hinsichtlich der imaginierten Auswirkungen des demografischen, technischen und klimatischen Wandels). Dabei zeigt sich gerade auch in der Gegenwartsliteratur, dass Stadt und Land möglicherweise miteinander verschmelzen – in jedem Falle aber zunehmend miteinander verbunden werden. Das werden wir schließlich auch anhand dreier populärer und vielgelesener Romane in den Blick nehmen: Robert Menasses ‚Europa-Roman‘ Die Hauptstadt (2017), Zoë Becks Zukunftsroman Paradise City (2020) und Juli Zehs ‚Corona-Roman‘ Über Menschen (2021).
Auch Studierende, die am ersten Seminar nicht teilgenommen haben, sind herzlich willkommen und können ohne Weiteres mitmachen.