JMM738: Der Lange Weg zur Historisierung. Die Zwangsaussiedlung der Deutschen aus der Tschechoslowakei und ihre Rolle in den tschechisch-deutschen Beziehungen nach 1945
Syllabus
Dozent: Prof. Dr. Jaroslav Kučera
Veranstaltungstyp: fakultativ
Veranstaltungsart: Seminar
Semesterwochenstunden: 1/1
Erforderliche Leistungen: Regelmässige und aktive Teilnahme am Seminar, das durchgehende Lesen der Vorbereitungslektüre zu jedem Thema in einem Gesamtumfang von ca. 250 Druckseiten und auf dieser Grundlage eine aktive Teilnahme an der Diskussion über das jeweilige Thema, die Vorbereitung eines Referats (20 Minuten) und die mündliche Prüfung auf Grund der Vorbereitungslektüre sowie der zusätzlichen Lektüre im Umfang von ca. 80 Druckseiten. Der Anteil der einzelnen Leistungstypen an der Gesamtnote:
- regelmässige und aktive Teilnahme: 30 Prozent
- Referat: 30 Prozent
- Prüfung 40 Prozent
Die Veranstaltungssprache ist Deutsch.
ECTS-Punkte: 4
Arbeitsaufwand in Stunden (1 ECTS = 25 Stunden)
Teilnahme am Seminar: 18
Vorbereitungslektüre 62 mündliche Prüfung 20 insgesamt 100
Ankündigungstext:
Noch im Laufe der Beitrittsverhandlungen der Tschechischen Republik zu Beginn des 21. Jahrhunderts spielte, hauptsächlich unter der Metapher der Beneš-Dekrete, das Problem der Zwangsaussiedlung der Deutschen aus der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg eine Schlüsselrolle. Und noch 2009 scheiterte beinahe die Annahme des Europa-Vertrags von Lissabon durch Tschechien an diesem Thema. Damit gehörte dieses historische Ereignis jahrelang - und potentiell immer noch - zu den europäischen Geschichtsproblemen mit einer bemerkenswerten Beharrungskraft und einer ausserordentlichen innenpolitischen wie aussenpolitischen Brisanz. Der Kurs setzt sich auf dieser Grundlage zum Ziel, den Umgang mit dieser ziemlich unterschiedlich wahrgenommenen Vergangenheit sowohl tschechischer- als auch deutscherseits zu untersuchen sowie den Mechanismen und Instrumenten der Überwindung von historischen Lasten in Öffentlichkeit und Politik nachzugehen.
Aufbau der Veranstaltung:
- Ethnische Säuberungen im geschichtlichen Rückblick
- Zwangsaussiedlung der Deutschen aus der Tschechoslowakei 1945-1947
- Regelung der rechtlichen und sozialen Stellung der deutschen Bevölkerung in der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg
- Die Vertriebenen in Deutschland, ihre Organisationsstrukturen und Ziele
- Vertreibungsgeschehen und seine Dokumentation
- Das Problem der Vertreibungsverluste
- Tschechische und Deutsche Debatten über die Zwangsaussiedlung bis 1989
- Im neuen Kontext: die gemeinsame Vergangenheit in den tschechisch-deutschen Beziehungen nach 1989
- Die Vertreibung der Deutschen und der EU-Beitrittsprozess Tschechiens: Standpunkte der wichtigsten Kontrahenten
Einführende Literatur:
- Ahonen, Pertti u.a. (Hrsg.): People on the Move: Forced Population Movements in Europe in the Second World War and its Aftermath, Oxford 2008
- Naimark, Norman: Flammender Hass. Ethnische Säuberungen im 20. Jahrhundert, München 2007.
- Seibt, Ferdinand: Deutschland und die Tschechen. Geschichte einer Nachbarschaft in der Mitte Europas, München 1993.
- Ther, Phillip: Die dunkle Seite der Nationalstaaten. "Ethnische Säuberungen" im modernen Europa. Göttingen 2011.
- Timmermann, Heiner (Hrsg.): Die Beneš-Dekrete. Nachkriegsordnung oder ethnische Säuberung: Kann Europa eine Antwort geben? Münster 2005.